Noch namenlos

Laryc brauchte eine Weile, um alle Teiler der Rüstung anzuziehen, beginnend bei dem Stahlkettenpanzerhemd, das alleine schon ganze 30 Kilo wog.
Zusammen mit den Nordstahlhandschuhen und den Stahlstulpenstiefeln wog er schon ganze 45 Kilo mehr als in seiner normalen Kleidung.
Doch so war er geschützt und konnte bedenkenlos kämpfen.
Nicht, dass er das nicht vorher auch schon getan hatte, doch diesmal durfte er nicht in Todesgefahr gelangen.
Diesmal hatte er ein Ziel vor Augen, ein wichtiges Ziel.
Mit angelegter Rüstung lief er zurück zum Trainingsgewölbe, wo Lukkha, Victor und Judy schon warteten.
»Du brauchst länger zum Anziehen als die Frau, Dämon?«, provozierte Victor herablassend und musterte ihn.
»Und du, Vampir, trägst eine einfache Robe. Jemals in einer schweren Rüstung gesteckt?«, erwiderte er leicht genervt und beschloss dann, die Kommentare von Victor zu ignorieren.
Stattdessen musterte er Lukkha.
»Könnt Ihr Euch in der leichten Rüstung gut bewegen?«
Sie musste auf jeden Fall stark, viel stärker werden, um die Prüfungen zu bestehen.
Nach den Trainingswochen musste sie im Idealfall problemlos mit einer schweren Rüstung herumrennen können. Zwar keine so schwere wie seine, aber zwanzig Kilo sollten es schon sein.
Dann war sie zumindest von der Kraft her perfekt vorbereitet.

"Ja, das geht wohl", antwortete Lukkha und klopfte auf die leicht scheppernden Armschutze.
"Noch", kommentierte Victor herzlos und verzog die Lippen zu einem kurzen Grinsen.
Lukkha warf ihm mit zusammengekniffenen Augen einen strafenden Blick zu.
"Ich nehme an, Ihr habt auch irgendwann mal angefangen und seid nicht so wundervoll wie jetzt auf die Welt gekommen, Mr. Gray", fauchte sie ihn an und ballte die behandschuhten Hände zu Fäusten.

"Victor, halt die Klappe und fang an mit dem, was du am Besten kannst", wies Judy ihren Kollegen auf seine Pflichten als Ratten-Trainer hin und verhinderte somit Schlimmeres.

Laryc blickte Victor herausfordernd an.
Was hatte der jetzt vor?
Wie wollte er das Training beginnen?
Laryc war sich sicher, dass er die bessere Idee dafür hatte.
»Lukkha, am besten gewöhnen wir Euch erstmal an die Rüstung.«, begann er deshalb und ließ Victor erst gar nicht anfangen.
»Dämon, was hast du vor?«
»Am wichtigsten ist es doch, zu überleben. Und dafür sollte man mit der Rüstung klarkommen.«
Dank seiner Magie hatte dieser Vampir die Prüfungen auch ohne Rüstung geschafft, doch nur die wenigsten hatten überhaupt mitbekommen, was er da tat.
Und Laryc hielt es nicht für richtig, ihn zu verraten.
Ohne Rüstung war es aber - je nach Art der Prüfung - ein Ding der Unmöglichkeit, zu überleben.
Dass Lukkha stirbt, wollten sie aber um jeden Preis vermeiden - er zumindest.
»Also, Lukkha. Wir gehen am besten nach draußen und Ihr versucht, mich zu erwischen während ich fange.«
Eine leichte Übung zum Anfang, die sie am besten täglich machen sollten.
Sie brauchte definitiv mehr Ausdauer und Kraft und somit konnte Laryc seine eigene Ausdauer und Kraft zusätzlich auch noch auf Vordermann bringen.
»Wenn ihr wollt, könnt ihr ja mitkommen, wenn ihr nichts besseres zu tun habt.«
Laryc lachte trocken und machte klar, dass sie keine Hilfe brauchten.
Es war eine Laufübung, eine Eingewöhnung und dafür brauchten sie keine Trainer.

Lukkha nahm wahr, wie Judy lächelnd den Kopf schüttelte und wie Victor das Gesicht verzog.

"Ich geh weiter die Neulinge trainieren, was ist, Victor, kommst du mit?", grinste die Dämonin ihrem Kollegen zu und machte eine auffordernde Handbewegung. Der Vampir grummelte irgendetwas unverständliches und ging erhobenen Hauptes Richtung Trainingsgewölbe. Judy zwinkerte Lukkha zu und folgte dem Vampir.

"Hab ich ihm irgendwas getan?", fragte Lukkha Laryc, während sie Richtung Ausgang liefen. Einige der hier lebenden Wesen starrten den beiden nach und Lukkha amüsierten die ungläubigen Blicke sehr.

Als sie draußen standen - weder schneite es noch war der Wind sonderlich stark, stattdessen war die Sonne gedämpft hinter einem Dunstvorhang versteckt, es war hell und die Luft kalt - atmete Lukkha durch.

Wie fangen spielen früher mit Griffin.

Sie grinste bei dem Gedanken, wie ihr Bruder und sie rücksichtslos durch Beete und Pflanzen getrampelt waren, und dann merkte sie, wie in ihrer Mitte wieder der Schmerz zu pochen begann, verzog das Gesicht und wischte die Gedanken weg.

Laryc schüttelte den Kopf.
»Nein, der ist bloß sehr arrogant.«
Nachdenklich lief er in die Richtung einer großen Wiese.
Das zusätzliche Gewicht der Rüstung machte sich bemerkbar und irgendwie freute ihn das.
So konnte er weiter trainieren, wieder stärker werden.
»Wir fangen am besten im Flachland an. Das ist erstmal wichtig für Ausdauer und Kraft.«, erklärte er und lief dann los.
Seine Schritte führten ihn über das Gras, die Rüstung gab leise, metallische Geräusche von sich und er fühlte sich unter der Anstrengung frei und stark.
Das brauchte er, um sich wie jemand zu fühlen.
Und erst jetzt bemerkte er richtig, wie sehr er das vermisst hatte.
Lukkha lief ihm nach, er hörte ihre Schritte im vereisten Gras, doch sie war nicht sehr nah bei ihm, aber kam näher.
Sie musste auf jeden Fall noch stärker werden.
Aber es war ja gerade mal die erste Stunde ihres Trainings.

Betonung auf SEHR arrogant ...

Lukkha grinste kurz, ehe sie dem davonjoggenden Laryc nachlief.
Dieser Victor sollte sich besser nicht mit ihr anlegen, sie würde nicht nachgeben und Arroganz konnte sie auch sehr gut.

Sie spürte das Gewicht der Rüstung, besonders auf ihren Schultern, und die Schritte durch das eingeschneite, vom Eis knackende Gras waren schwer.
Doch sie war nicht hier, um sofort aufzugeben, wenn sich erste Unannehmlichkeiten meldeten.
Nicht nur Laryc, auch Victor hatte oft genug klar gemacht, dass es in den Prüfungen um Leben oder Tod ging, und Lukkha wollte leben.

Nach einiger Zeit des Laufens war Lukkhas Atem schneller, tiefer, Schweiß stand auf ihrer Stirn und ihr Füße fühlten sich an wie einbetoniert.
Als sie einen Moment nicht aufpasste, stolperte sie und legte sich überrascht aufschreiend der Länge nach in den Schnee.
Kaltes Gras stach in ihr Gesichtshaut, sie drehte sich auf den Rücken und blieb nach Luft ringend liegen.

Wie ein Fisch an Land.

Sie blinzelte in den grauen Himmel, stöhnte und setzte sich auf. Verdammt.
Aber sie war eben nicht wie Griffin, dem Erstgeborenen, dem Sohn, für Kampf und Ausdauer erzogen worden, sondern fürs Gut aussehen, Instrument spielen, Singen, Lesen.

Sie rappelte sich auf, die Rüstung klimperte dabei leise, und drehte sich um, wo Laryc stand und sie ansah.

»Ihr müsst darauf achten, Körperspannung zu halten. Dann ist das viel einfacher.«, erklärte er dann und lief zu ihr zurück.
»Wie schwer ist die Rüstung?«, wollte er dann wissen, als er bei ihr stand.
Sein Blick glitt zum Himmel.
Er hatte die Sonne schon lange nicht mehr gesehen.
Wenn sie erschöpft war, sollten sie am besten wieder zurückgehen.
»Wollt Ihr weitermachen oder zurück?«
Es war ihr erster Tag, sie sollte sich nicht überanstrengen.
Und er sollte nicht zu hart sein.
Er fragte sich schon lange nicht mehr, woher diese Gedanken kamen, aber er wollte sie keinesfalls tot sehen.
Seufzend blickte er zurück zum Eingang der Katakomben.
Langsam begannen wieder kleine Schneeflocken zu sammeln.
Doch Laryc spürte sie nicht, was sich vor allem durch die Rüstung verstärkte.
Eigentlich war er nichts weiter als ein Dämon, ein Monster.

Lukkha atmete noch ein paar Mal ein und aus, dann klopfte sie Schnee von ihrer Rüstung und verkündete überzeugt:
"Ich will weitermachen!"

Zwar spürte sie schon jeden Muskel ihres Körpers, sogar an Stellen, von denen sie gar nicht gewusst hatte, dass es da überhaupt nennenswerte Muskeln gab, aber es war noch erträglich und wenn sie später in die Prüfungen geschickt wurde, dann würde sie sich auch nicht aussuchen können, ob sie gern weitermachen würde oder lieber wieder schlafen ging.

"Komm, toter Mann!", forderte sie Laryc mit einem Zwinkern auf und lief los, überquerte die Wiese, huschte zwischen ein paar Tannen hindurch und kehrte wieder zur Wiese zurück, lief Hakenschlagend darüber, mal schneller, mal langsamer, lauschte dem knisternden Gras und knirschendem Schnee, der klappernden Rüstung.
Ein paar Krähen flogen krächzend über sie hinweg, der Schneefall nahm zu und es wurde dunkler.

Ihr Atem war schnell, Luftwölkchen stießen zwischen ihren Lippen hervor, ihre Wangen glühten und ihr Körper war heiß von der Anstrengung.
Etwas deprimiert stellte sie fest, dass das alles für Laryc absolut kein Problem war, locker lief er hinter ihr her und ihm war keine Anstrengung anzusehen.

Laryc lief weiter über die Wiese, drehte dann einen Kreis um nicht zu weit vom Eingang weg zu kommen.
Es freute ihn, dass sie einen solchen Ehrgeiz zeigte.
Sie war stark, aber das wusste er ja schon.
Stark, aber nicht stark genug.
Und irgendwie gefiel es ihm, dass sie den Spitznamen beibehielt.


Nach einer Weile machte er langsamer, einmal, um ihr eine Chance zu geben und außerdem war auch er langsam erschöpft.
Das zusätzliche Gewicht machte ihm doch zu schaffen.
Er hatte sie erwischt und er ließ sich leicht grinsend ins Gras fallen.
»Gut gemacht. Lasst uns dann wieder zurück gehen.«
Etwas ausruhen und andere Bereiche trainieren. 
Er musste dann wohl mit Victor Rücksprache halten.
Ausgerechnet Victor.
Sein alter Lehrmeister wäre ihm lieber gewesen.

"Gute Idee", prustete Lukkha erschöpft und hielt Laryc ihre Hand hin, um ihm beim Aufstehen zu helfen.
Er griff danach und sie begann zu ziehen, doch da er nicht mithalf gab sie schnell wieder auf.

"Das ist doch gemein!", lachte sie und zog nochmal, und diesmal richtete er sich auf und half ein bisschen mit. Sie boxte ihm gegen den Arm und lachte nochmal, ehe sie ihm zum Eingang zu den Katakomben folgte.

Wieder wurden die beiden von skeptischen Blicken verfolgt und auch auf Victors Miene spiegelte sich nicht viel mehr als Kühle und leichtes Misstrauen, als sie das Trainingsgewölbe erreichten.
Judy rief irgendwas den trainierenden Neulingen zu, die den Befehlen folgten. Sie waren gerade dabei, Schwertkampf zu üben, jeweils zu zweit gegeneinander, und Judy schien ihnen Bewegungsabläufe und Hiebe beizubringen. Es sah noch ziemlich hakelig und ungeschmeidig aus und hatte nicht viel mit dem gemein, was Laryc während der Soldatenangriffe vollbracht hatte.
Aber Lukkha machte sich Hoffnungen, dass sie das ein wenig leichter haben würde aufgrund des Degentrainings mit Griffin vor einigen Jahren.

Wasser? Schwimmen? Lukkha unterdrückte ein Lachen.
Stattdessen versicherte sie sich:
"Ich muss dabei einen 25 Kilo-Stein mitschleppen?"
Allgemeines Nicken. Sie blähte die Backen auf und ließ die Luft zwischen den gespitzten Lippen entweichen.

"Also gut, meinetwegen, aber vorher hätte ich gern einen Schluck zu trinken", sagte sie schließlich und sah sich um.
"In der Prüfung wird das nicht gehen", knurrte Victor feindselig dazwischen. Lukkha atmete betont hörbar aus und sah ihn an.
"Wie gut, dass wir hier noch nicht in der Prüfung sind", konterte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Dann nahm sie eine Wasserflasche entgegen, die Judy ihr grinsend reichte.
Sie drehte sie auf und nahm dankbar ein paar Schlucke. Das Wasser war kühl und erfrischte ihren erschöpften Körper.

Lukkha hörte von weit dumpf das Horn und machte die Augenbinde ab.
Sie sah sich um. Das Labyrinth war aus dunklem, grauen Stein, Moose und Algen hingen an den Wänden, Feuchtigkeit nistete überall, Wasser tropfte von oben auf den Boden und bildete an einigen Stellen Pfützen.

Von weit konnte Lukkha bereits Wasser laufen hören, was wohl bedeutete, dass das Wasser schon zu steigen begann. Sie atmete durch und lief in die Richtung, von der sie das Wasser kommen hörte.

Es war in ihr, dieses Gefühl, dass es richtig war, dorthin zu gehen. Wasser hatte nach wie vor eine anziehende Wirkung auf sie. Schließlich schwappten erste Welle vor ihre Füße, ein angenehmer Schauer lief ihren Rücken hinunter. Sie merkte, wie sie ruhiger wurde. Sie blieb stehen und betrachtete, wie das Wasser langsam höher stieg. Sie könnte warten, bis sie darin schwimmen konnte, da würde sie 1. schneller voran kommen und 2. sich sicherer fühlen - das war einfach so als Halbsirene.

Um die Zeit totzuschlagen, begann sie zu singen. My jolly sailor bold, das Lied, das sie in der Schenke gesungen hatte.
Schließlich war das Wasser hochgenug, dass sie darin tauchen konnte. Sie ließ sich in das kühle Nass sinken, merkte, wie sich die Schwimmhäute an ihren Händen und Füßen bildeten, spürte das Reißen und Ziehen an den Halsseiten, wo sich die Kiemen auftaten, und leckte mit der Zunge über ihre spitzen Zähne.
Ein Gefühl von Sicherheit und Stärke keimte in ihr auf, sie drehte sich im Wasser ein paar Mal um die eigene Achse, spürte Freude aufkommen, und dann tauchte sie los.

Es ging schnell, sie schwebte einem Fisch gleich durch das trübe, immer noch steigende Wasser.
Irgendwann, sie wusste nicht wann, sie hatte Zeitgefühl und Orientierung verloren, sah sie Licht, einen Ausgang. Sie lächelte und verließ das Labyrinth.

Es hatte seine Zeit gedauert, bis Lukkha wieder aus dem Labyrinth hervorkam, aber sie hatte nicht allzu lange gebraucht.
Irgendwie - warum auch immer - machte das Laryc stolz.

Als sich die drei zurück zum Labyrinth begaben,um sie wieder abzuholen, fiel Laryc ein, dass sich Lukkha schon auf ihrer Reise zu Wasser hingezogen fühlte. Es schien - wohl abhängig von ihrer Rasse, ihr Element zu sein.

»Gut gemacht.«, lobte Laryc sie und reichte ihr ein Tuch zum Trocknen.
Doch es sollte eine weitere Trainingseinheit bevorstehen.
Zwar bemerkte er, dass ihr Körper langsam müde und erschöpft wurde, doch er wollte testen, wo ihre absoluten Grenzen lagen.

Lukkha nahm das Tuch entgegen, rubbelte sich die Haare ab und merkte, wie all die Veränderungen an ihrem Körper wieder zurückgingen.

Obwohl sie einige Zeit geschwommen war, fühlte sie sich nicht viel erschöpfter als vorher. Wasser hatte eine belebende, erfrischende Wirkung auf sie, das war schon immer so gewesen.
Sie nahm aber an, dass es eher ein überdeckendes Gefühl war als eine wirkliche Tatsache, wahrscheinlich war ihr Körper sehr wohl um einiges müder als vorher.
Wasser war vielmehr wie eine Droge, die den eigentlichen Zustand vernebelte, wie Alkohol, der abstumpfte und die wirklichen Folgen merkte man erst, wenn man aus dem vernebelten Zustand wieder erwachte.

»Wir sollten jetzt am besten trainieren, mit Waffen umzugehen.«, schlug Laryc vor, woraufhin Victor nickte.
»Judy, dein Part.«, rief er dann, doch sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe noch Neulinge zu trainieren.«
»Das ist aber nicht wichtiger.«
»Victor, wir brauchen jeden zusätzlichen Mann, jede Frau, die wir bekommen können. Je besser trainiert, desto besser, ausserdem haben einige die Prüfungen auch noch vor sich.
»Laryc, mach du das.«, murrte Victor dann.
Dieser nickte nur.
Sollte ihm recht sein.
»Ich gebe Euch eine einhand-Waffe, ein Schwert, das ist recht leicht, damit könnt Ihr Euch dann noch gut bewegen.«
Sie begaben sich also in den Trainingsraum und Laryc übergab ihr das eiserne Schwert.

Lukkha nahm das schmale, recht leichte Schwert entgegen. Seine zweischneidige Klinge glänzte wie frisch poliert, der Griff war aus schwarzem Stahl und lag gut in ihrer Hand.

Laryc griff nach seinem Schwert und zog es aus der Scheide, dann schritt er vorwärts in Richtung Trainingsgewölbe. Er suchte sich eine Ecke, in der keine Neulinge aufhielten, wo Platz war und Ruhe war.

"Erstmal müsst Ihr das Schwert richtig halten", erklärte Laryc und stellte sich neben Lukkha, zeigte ihr, wie er sein Schwert hielt und korrigierte, wie sie ihre in der Hand hatte.

"Ausgangstellung ...", sagte er dann, stellte sich mit hüftbreit gespreizten Beinen hin, die Knie leicht gebeugt, der Oberkörper leicht nach vorn geneigt, beide Arme leicht gehoben, damit er auf jede Bewegung schnell reagieren konnte.

Lukkha machte es ihm nach, wobei sie sich ziemlich dämlich vorkam - aber jeder hatte ja mal angefangen und ein bisschen was war auch noch von Griffins Training hängengeblieben.

"Gut", Laryc nickte und betrachtete Lukkhas Haltung mit kennerischen Blick. Lukkha lächelte zufrieden.

»Ganz wichtig ist die Bewegung, Ihr müsst gegnerischen Hieben ausweichen, diese parieren und selbst zustechen oder schlagen können.«
Er trat einen Schritt zurück, sprang nahezu leichtfüßig, trott des Gewichtes der Rüstung und des Schwertes.
»Also, schlagt oder stecht zu.«, forderte er auf und wartete auf eine Reaktion.
Er war ausweich- und parierbereit, wobei er sich nicht sicher war, ob sie es sich wirklich trauen würde.
Falls ja, würde er sie aber nicht angreifen, schliesslich sollte ihr nichts passieren.
Sie sollte ja lediglich üben und sehen, wie es funktionierte.

Lukkha legte den Kopf schief, betrachtete Larycs Haltung und nickte.

Sie machte einen schnellen Schritt auf ihn zu und stieß gleichzeitig mit der Schwertspitze unterhalb Larycs Schwertarm zu. Doch der Dämon wehrte den Schlag problemlos ab und entwaffnete sie im selben Zug.

Sie verzog das Gesicht und Laryc ließ sie ihr Schwert wieder aufheben.
"Nochmal", sagte er und nickte ihr zu.

Sie versuchte es wieder und wieder, der Dämon lenkte jeden ihrer Angriffe um, doch sie ließ sich nicht mehr entwaffnen.

Eine Zeit lang übte er dann noch, wie sie Schläge parierte und umlenkte, sie waren noch den ganzen Tag auf dem Trainingsplatz, und als Laryc beschloss, dass es genug war, ließ Lukkha sich auf den Boden fallen und atmete aus.
Ihr Herz pumpte wie verrückt, ihre Kleidung war noch feucht vom Wasser, vermischt mit Schweiß, und sie wollte nichts lieber als ein Bad nehmen, Schmutz, Dreck, Schweiß von sich waschen und drei Tage durchschlafen.

"Ich kann nicht mehr", grinste sie in Richtung Gewölbedecke und war zufrieden mit dem Tag.

»War doch ein guter Anfang.«, ermutigte er sie und half ihr, wieder aufzustehen.
»Unterhalb der Katakomben ist eine Art unterirdischer See, da kann man baden.«, erklärte er dann. »Ich zeige ihn Euch.
Mit den Worten führte er sie durch ein paar enge Gänge hinab.

Das Wasser des Sees glitzerte im Schein der Kerzen und es waren nur sehr wenige Leute darin.
Laryc lief an den Rand, legte dann langsam seine Rüstung ab. Das war zwar zeitaufwändig, doch auch er sehnte sich jetzt nach etwas Wasser.
Ohne die schwere Rüstung fühlte sich sein Körper federleicht an und er drehte ein paar Runden im See.

Lukkha folgte Laryc dankbar für diese Idee.
Auch sie nestelte sich die Rüstung vom Leibe, zog das Kettenhemd aus und legte das Hemd ab, das sie darunter trug. Sie überlegte kurz, doch es waren kaum noch Menschen da, also schlüpfte sie auch aus der Hose, sprang mit Unterwäsche bekleidet in den See, genoss das erfrischende Gefühl des Wassers, ließ sich treiben, ließ die Veränderungen zu und begann, zu tauchen.

Es kostete sie nicht viel Anstrengung, an den Grund des Sees zu tauchen. Ein paar seltsame Fische flüchteten vor ihr, Gräser wuchsen in Strömungen schwankend empor, Algen klammerten sich an die Blätter, Steine bedeckten den sandigen Boden.
Durch das grünlich-blaue Wasser konnte sie bis an die Oberfläche blicken, sah weit entfernt Schatten von Menschen, machte Laryc aus und tauchte ihm von unten entgegen, brach Zentimeter vor ihm durch die Wasseroberfläche und grinste ihn an.
"Überraschung!", lachte sie und tauchte wieder ab.

Laryc war nach einigen Runden durch den See einfach nahe am Rand geblieben.
Dementsprechend erschrak er, als auf einmal eine Gestalt vor ihm auftauchte.
Alles in ihm war sofort kampfbereit, doch er erkannte zum Glück im Letzten Moment, dass es Lukkha war.
Er verstand nicht ganz, woher es kam, aber im Wasser spielten sich bei ihr scheinbar Veränderung ab.
Nach einer Weile entschied Laryc, dass er lang genug im Wasser gewesen war, suchte dann Lukkha auf, die gerade am Tauchen war und bewegte sich zu der Stelle, an der sie allem Anschein nach auftauchen würde.
»Ich gehe wieder nach oben. Ihr könnt aber noch hier bleiben, wenn Ihr das wollt.«
Damit stieg er aus dem Wasser, ließ Lukkha ihre Entscheidung in Ruhe treffen und zog sich schon mal an.
Er brauchte für die einzelnen Teile der Rüstung eh eine Weile.
»Ihr wollt einen so schönen Körper verstecken?«, vernahm er plötzlich eine unbekannte Stimme hinter sich.
Verwirrt wand er sich um und erblickte eine dunkelhaarige Waldelfin.
»Beschützen.«, korrigierte er sie, ging aber nicht weiter auf ihre Frage ein, da er vermutete, dass sie ohnehin provokativ gemeint war.
»Verzeiht, mein Name ist Ezra. Ich bin noch nicht sehr lange Mitglied hier.«, stellte sie sich dann vor.
»Laryc Aserran. Das dachte ich mir, denn ich kenne Euch nicht.«
»Ich habe viel von Euch gehört.«
Das, was man von ihm hörte, war oft nichts positives, zumindest konnte er sich an nicht viel erinnern.
Was zur Hölle wollte diese Frau von ihm?

Lukkha entschloss sich dazu, noch ein Weile zu tauchen.
Sie genoss die Kühle des Wassers, ließ Luftblasen aus ihrem Mund aufsteigen und beobachtete, wie sie zur Wasseroberfläche taumelten. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen und mit einigen kräftigen Stößen folgte sie den Blasen, steckte ihren Kopf aus dem Wasser und sah sich nach Laryc um.

Der stand am Ufer und unterhielt sich mit einer Elfe, die mit kurzer Kleidung und kleinen Rüstungsteilen eher spärlich bekleidet war.
Scheinbar kannte Laryc ziemlich viele Frauen hier unten, und Lukkha wusste nicht warum, aber das gefiel ihr nicht so ganz.
Vor allem, weil sie immer noch nicht wusste, was eigentlich mit dieser Triss vor sich gegangen war.
Sie merkte, dass sie auf ihrer Unterlippe gekaut hatte, warf der braunhaarigen Frau einen letzten Blick zu und verschwand wieder unter der Wasseroberfläche.

Das Grün-Blau des Wassers, die sofortige Ruhe und die sanften Strömungen beruhigten sie sofort wieder, sie schloss die Augen und ließ sich bis auf den Grund sinken, wo sie sitzen blieb und nach oben sah, wo Licht und Schatten einen langsamen, eleganten Tanz aufführten.