Noch namenlos

»Ganz zu Beginn habe ich alleine trainiert. Aber danach begann meine richtige Ausbildung, mein Lehrmeister heisst Seba Smahlt.«
Mit einem Grinsen dachte er daran zurück.
Er hatte wirklich Glück, einen solchen Mann zum Lehrer gehabt zu haben.
Natürlich war es nicht immer einfach gewesen, aber noch heute hegte er Bewunderung für diesen Mann.
»Na dann, ab nach draussen.«, verkündete er schliesslich und begab sich hinaus. »Hier ist es etwas uneben, aber das wird schon okay sein. Also. Versucht mich zu besiegen.«
Er stellte sich in Kampfposition bereit.
Vielleicht hatte sie ja auch ohne Training dazugelernt.
Das Üben für die Prüfung wieder anzufangen würde nicht unbedingt einfach werden.
Aber so war es eben.

Seba Smahlt.
Lukkha fragte sich, ob sie diesen Namen schonmal gehört hatte. Sie hatte viele Namen schon gehört, meistens wichtige. Regenten, Herzöge, Könige, Ladies, Diebe, Hochverräter, Lobliedschreiber.
Vielleicht hatte sie auch Seba Smahlt schonmal gehört, aber wenn, konnte sie sich nicht daran erinnern.

Sie seufzte, nahm ihr Schwert, die noch an der Wand neben dem Kamin stand, und nahm sie mit nach draußen. Die kühle Luft überraschte sie, sie hatte bei dem klaren Sonnenschein eigentlich schon Wärme erwartet, aber was sollte es.
Sie stellte sich Laryc Gegenüber und scannte kurz seine Haltung. Sie lächelte.
Versucht mich zu besiegen.
Es würde beim Versuch bleiben, aber es gefiel ihr, dass in seiner Stimme ein Hauch Glaube daran mitklang, dass sie es schaffen könnte. Irgendwann. Vielleicht.

Sie straffte sich, machte einen Schritt auf ihn zu und schwang ihre Klinge über sich hinweg auf seine Brust zu. Dass er schnell genug war, zu parieren, wunderte sie nicht, und auch auf die Kraft, die hinter seinem Schlag steckte, war sie vorbereitet, sie ließ sich ein paar Schritte wegstoßen und wehrte sich nicht gegen die Wucht seiner Stärke - würde sie das tun, würde sie nur straucheln oder umfallen, und das war etwas, was man im Kampf absolut nicht gebrauchen konnte.

"Sehr schön."
Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht.
Sie hatte also doch dazu gelernt.
"Führt das Schwert mal von schräg oben zur gegenüberliegenden Seite. Damit solltet Ihr auf das Schlüsselbein Eures Gegners zielen, dann trefft Ihr im besten Falle von dort bis zur unteren Rippe."
Laryc führte den Schlag in der Luft aus, schließlich wollte er Lukkha nicht verletzen.
"Dazu gibt es auch eine Parade. Greift mich mal mit dem Schlag an."
Dass er es auf jeden Fall parieren konnte, wusste er.
Es war keine besonders schwierige Parade und außerdem würde es für sie schwierig werden, zu lernen, wenn sie keine der Techniken anwenden konnte.
Und Training war wichtig, nahezu überlebenswichtig, schließlich musste sie vielleicht auch bei der Schlacht dabei sein.
Wenn er wieder gesund war, natürlich, aber das schien nicht mehr lange hin.
Und es fühlte sich auch so an, als wäre die Schlacht nicht mehr weit.
Irgendwie lag es ihm im Blut, die Ratten waren miteinander verbunden.

Lukkha tat wie ihr geheißen.
Aber um an Larycs Schulter zu kommen, war sie so nicht groß genug.
Also überlegte sie sich, einen kleinen Sprung zu wagen.
Sie stieß sich vom Boden ab und fixierte die linke Schulter des Dämonen, stieß die Spitze ihres Schwertes durch die Luft und glaubte das Geräusch von zerschnittener Luft zu hören.

Kurz bevor sie den Dämonen tatsächlich mit ihrer Waffe berührte, hob er sein Schwert an und drückte ihres von sich weg.
Kurz hing Lukkha in der Luft, dann landete sie mehr oder weniger elegant auf dem Boden vor ihm und konnte schnell genug ihre Waffe hochreißen, um ihn davon abzuhalten, sie zu köpfen.

Sie atmete hörbar aus und stand auf.
"Ist ja auch gemein, du bist viel größer als ich!", grinste sie ihn an und boxte ihm leicht gegen die Brust.

"Dein Gegner wird sich auch nicht kleiner machen, damit es gerecht wird."
Lachend stützte er sich am Schwert ab.
Dann hob er es langsam wieder hoch.
"Wenn Ihr die Schwertspitze höher haltet als den Griff, gewinnt Ihr die Kontrolle über das gegnerische Schwert, wenn es Eures trifft."
Er zeigte nochmal, wie sie das Schwert zu halten hatte, wenn sie diesen Schlag parieren wollte.
"Eine weitere Technik wäre diese."
Das Schwert hielt er seitlich von sich, ging einen Schritt nach vorne und holte er etwa im 100° Winkel aus und führte sein Schwert horizontal bis auf die andere Seite.
Dies wiederholte er einige Male und machte jedes Mal während des Schlagens einen Schritt nach vorne.
"Haltet die Arme gestreckt, dann habt Ihr eine höhere Reichweite."
Er stellte sich hinter sie und führte ihre Arme in die Grundposition für den Schlag.
"Von hier aus müsst Ihr dann ausholen."

Lukkha achtete auf die Haltung, in die Laryc sie brachte, und versuchte, sie beizubehalten, als er sie losließ.
Dann schwang sie ihr Schwert vor sich her und trat dabei einen Schritt nach vorn.

"Ich habe das Gefühl, das sieht nicht annähernd so elegant aus, wie wenn du das machst!", stellte sie mit verzogenen Mund nach einigen Versuchen fest.

"Übung macht den Meister", hörte sie nur seine Stimme hinter sich und ließ sich wieder von ihm in die Grundhaltung
stellen. Sie lachte leise und wiederholte den Schlag noch ein paar Mal, ehe sie ein paar mehr Schritte nach vorn machte, sich umdrehte und ihn mit einem Grinsen und ausgestreckten Schwert herausforderte.
"Dann üben wir!", sagte sie und griff ihn an.

Grinsend parierte er ihre Schläge, beschloss aber, sie nicht zu entwaffnen oder zurückzuschlagen, da es erst einmal darum gehen musste, dass sie mit dem Schwert umzugehen lernte.
"Ihr könnt ruhig fester zuschlagen."
Er bemerkte, dass ihre Angriffe recht sachte waren.
Ob es daran lag, dass sie wirklich einfach nicht so viel Kraft wie er hatte oder ob sie immer noch befürchtete, ihm schaden zu können, wusste er nicht.
Trotzdem waren ihre Bewegungen mit jedem Schlag etwas dynamischer geworden.
Es war nicht perfekt, doch für die kurze Übungszeit schon ein beachtlicher Schritt in die richtige Richtung.
Doch er wusste auch, dass sie nicht ewig trainieren konnten, schließlich war sie sicher irgendwann müde.
Nach einer Weile entwaffnete er sie also und hielt grinsend ihr Schwert in der linken Hand.
"Schluss für heute."

Außer Atem stützte Lukkha ihre Hände auf ihren Knien ab und war mehr oder weniger dankbar für Larycs Beendung des Trainings.
Dann nahm sie ihre Waffe wieder an sich und warf ihm ein kurzes Lächeln zu, ehe sie zurück zu Sams Hütte schritt.
Der alte Mediziner lächelte die Beiden Eintreffenden an und hielt ihnen zwei Becher gefüllt mit kühler Flüssigkeit entgegen, als hätte er gewusst, dass sie in diesem Moment zurückkommen würden und Durst hatten.

Dankbar trank Lukkha den Becher in wenigen Zügen leer und fühlte sich gleich ein wenig erfrischter.
"Wie wäre es mit ein wenig Abendessen?", fragte Sam mit einem freundlichen Funkeln in den Augen und Lukkha nickte, bevor sie zur Tür lief und nach Jaro rief.
Dass Ezra bei ihm war und ihm folgen würde, hatte sie geahnt, es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn die Waldelfe einfach mal nicht da war und Laryc mit ihren Blicken ausziehen wollte. Oder was auch immer da in ihren Blicken lauerte.

"Habt Dank.", murmelte Laryc dem Mediziner zu und nahm dankbar das Trinken entgegen.
Am Besten wäre es, wenn sie jeden Tag für eine Weile trainieren würden.
Lukkha wäre dann jedenfalls bestens vorbereitet.
Sein Blick streifte Ezra und Jaro.
"Oh Laryc, hast du wieder gekämpft? Du sollst dich doch ausruhen."
Irgendwie gefiel ihm ihre Stimme nicht.
Es klang nicht wirklich so, als würde sie es ernst meinen.
Und eine Spur nahezu kindlicher Bewunderung lag darin.
Nein, Ezra war ihm definitiv suspekt, auch wenn sie eigentlich recht nett war.
Er konnte Heuchelei einfach nicht leiden.
Zwar wusste er noch nicht, wieso Ezra das tat und was sie bezwecken wollte, doch er war sich fast sicher, dass sie nicht ohne Hintergedanken so mit ihm redete.
"Sobald es wieder besser geht, stellen wir uns mit den Ratten in den Kampf.", verkündete er schließlich, weil endlich mal alle beisammen und wach waren. "Und danach kehren wir zurück zu den Ratten - sofern der Kampf gut verlaufen ist."
Und falls sie sterben würden, tja, dann waren sie eben tot.
Da konnte dann auch kein Soldat und keine Ratte etwas gegen tun.
Aber vielleicht hatten sie ja auch Erfolg.
Die Chancen standen auf jeden Fall nicht bei Null.

Jaro lachte auf, doch seine Augen lachten nicht mit, vielmehr lag Spott darin.
"Mit den Ratten? Die bringen uns doch um, wenn sie uns finden!", sagte er und hob die Brauen.
Lukkha verzog das Gesicht und Ezra sah zu Laryc, als wartete sie darauf, er würde etwas sehr Schlaues und Produktives darauf erwidern. Daraufhin verzog Lukkha das Gesicht noch mehr und sah Jaro an, nur, um die Waldelfe nicht ansehen zu müssen.

"Regeln sind da, um gebrochen und neu geschrieben zu werden", ließ Sam sich verlauten und verteilte das Essen. Ein Lächeln lag auf seinen Gesicht und er strich sich über den langen, weißen Bart, in seinen Augen blitzte Zuversicht.
Lukkha sah ihn an und stellte fest, dass sie ihm jedes Wort glauben würde, das er ihr sagen würde, und wenn er ihr weißmachen wollte, die Erde begänne, sich in die andere Richtung zu drehen, so würde sie es glauben.

"Wenn wir den Ratten helfen, überlegen sie es sich vielleicht."
Sein Blick glitt zu Lukkha.
"Allerdings müsstet Ihr dann trotzdem an den Prüfungen teilnehmen und bestehen - falls sie uns wieder akzeptieren."
Deshalb ist vor allem das Training wichtig.
Und für die Schlacht. 
Damit wir nicht schon vorher sterben.
Und der Mediziner hatte Recht, die Regeln waren veraltet.
Sie konnten es ja wenigstens einmal probieren.
Eigentlich gab es keinen der Ratten, der ihm etwas konkretes entgegenzusetzen hatte.
Doch er würde warten müssen, bis Sam ihn für komplett gesund erklärte.
Und er hoffte, dass es dann nicht wieder zu spät sein würde.

"Falls", grummelte Jaro und nahm einen Bissen von seinem Essen.
"Hör auf jetzt so einen Pessimissmus zu verbreiten, Laryc hat Recht!", fuhr Ezra dazwischen und stieß dem Werwolf mit dem Ellenbogen in die Seite.
Lukkha atmete aus und versuchte somit, aufkommende Abneigung zu verscheuchen.

Du würdest auch sagen, Laryc hat Recht, wenn er vorschlagen würde, irgendeiner von uns müsste sein Leben opfern ... solange das weder du noch er sind ...

Lukkha biss sich auf die Lippe und schüttelte kaum merklich den Kopf, ehe aus sie sich ihrem Essen zuwandte.

"Es geht bergauf, Laryc. Nicht mehr lange, und Ihr seid wieder im vollen Besitz Eurer Kräfte", warf Sam ein und brachte somit alle auf andere Gedanken.
Auf Ezras Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und auch Lukkha merkte, wie ihr Herz einen Hüpfer machte.
"Das hört sich doch gut an! Dann können wir morgen ja weitertrainieren!", schlug sie vor, hauptsächlich, um Ezra zuvorzukommen, die aussah, als hätte sie gern irgendetwas Schmeichelndes gesagt.

Nach dem Essen beschlossen sie, schlafen zu gehen.
Doch Laryc blieb wach, starrte an die Decke, in die Dunkelheit und dachte nach.

Am nächsten Morgen - er war noch immer wach - erhob er sich bald und beobachtete Lukkha eine Weile.
Dann ging er hinaus, genoss die frische Luft.
Der Gedanke, bald wieder alle seine Kräfte beisammen zu haben, gefiel ihm.
Nach einer Weile ging er wieder in die Hütte zurück, stellte fest, dass Lukkha und Sam schon wieder wach waren, Ezra und Jaro schliefen allem Anschein nach noch.
"Wollen wir trainieren?"
Laryc zog sein Schwert und blickte grinsend zu ihr.
Es war mehr als nur reines Training, irgendwie verbreitete es positive Gedanken in ihm.
Und die waren möglicherweise hilfreich gegen seine Vergangenheit.
"Also, die Schläge und Paraden von gestern nochmal?"

Lukkha lächelte und nickte.
"Gut, ich tu mein Bestes!", sagte sie mit einem Zwinkern und begann.

Sie hatte das Gefühl, dass es ganz in Ordnung war, was sie da fabrizierte, jedenfalls hatte es Sinn - es würde ihr Leben retten. Da musste es weder schön noch gekonnt ausseheh, es musste nur seinen Zweck erfüllen.

"Übrigens", begann sie, parierte einen Angriff und ging in Ausgangsstellung. "Hab nur ich die Ahnung, dass Ezra dich ganz besonders toll findet?"
Sie griff an, lauschte dem Klingen der Schwerter.
"Ich meine, merkst du das auch oder geht sie nur mir auf die Nerven?"
Sie sah Larycs Klinge auf sie zukommen, er drückte ihre mit seiner nahe an ihren Hals, doch sie legte ihre freie Hand an die stumpfe Seite ihres Schwerts und hielt der Kraft des Dämonen für einen Moment stand, ehe sie unter seinem Arm wegtauchte und für einen kurzen Moment die Gelegenheit hatte, seine ungedeckte Seite anzugreifen - doch natürlich war er mal wieder schnell genug.

Ihre Schläge waren recht präzise, das erfreute ihn.
"Na ja, ich hab es gemerkt, aber-"
Er parierte ihren Angriff und drückte sie etwas zurück, drängte sie zu ein paar Felsen.
"Ich glaube das nicht, denn, warum sollte sie?"
Ihm kam der Gedanke, dass er vielleicht anfangen sollte, ihr Extremsituationen zu zeigen.
Also schob er sie mit jedem Hieb, mit jeder Parade in Richtung Felsen, sodass sie bald bewegungsunfähig werden würde.
Und vermutlich würde sie es nicht einmal bemerken.
Darauf musste sie achten.
Nicht nur den Gegner, den Gegenüber im Auge haben, sondern auch die Umgebung.
Jede Regung, jeder mögliche Feind konnte eine große Gefahr darstellen.
Und auch Felswände, die dazu führten, dass man in der Falle saß.
Wenn er sie wirklich bekämpfen würde, könnte er sie so mit Leichtigkeit töten.
Es waren nur noch wenige Meter bis zu dem Felsen.
Eine Reaktion abwarten drängte er sie weiter in die Richtung.

"Warum sie sollte?", erwiderte Lukkha und fixierte ihren Blick auf Larycs Schwert, das in immer schneller werdenden Angriffen auf sie zukam.
"Ich weiß nicht. Weil du gut aussiehst. Stark bist. Vielleicht, weil du anders bist. Gefährlich. Ein Dämon. Ein Mann. Nach Abenteuer, Wagemut und Kraft riechst. Weil du eine abwechslungsreiche Alternative zu ihrem Waldelfendasein bist", zählte sie ein paar Dinge auf, die ihr in den Sinn kamen, ohne groß darüber nachzudenken.

Im nächsten Moment hatte sie Felsen im Rücken. Überrascht blickte sie hinter sich, vergaß für einen Augenblick, dass sie sich im Kampf befand, und tauchte gerade noch rechtzeitig unter Larycs Schlag hinweg.
Die Klinge seines Schwerts schlug klirrend gegen das poröse Gestein, felsige Krümel landeten auf Lukkhas Kopf und sie schüttelte sie aus ihrem kurzen Haar.

"Weil anders bin?", wiederholte Laryc ungläubig.
Gerade deshalb sollte sie mich eigentlich eher verabscheuen.
So wie eigentlich jeder.
Und im Gegenteil zu normalen Leuten bin ich ein Dämon, der irgendwie Wert auf Ehre und Moral legt.
Also nicht einmal ein richtiger Dämon.
Richtige Dämonen machen sowas nicht.
Seufzend ließ er sein Schwert sinken.
"Ihr müsst auf Eure Umgebung achten. Ansonsten werdet Ihr schnell in eine Ecke gedrängt und getötet."
Er dachte weiter über ihre Worte nach.
Wie kam sie darauf?
Irgendwie fiel es ihm schwer zu glauben, dass jemand so über ihn dachte.
Eigentlich war er ja nur der von allen verachtete Dämon.

"Ja", bestätigte Lukkha und nahm ihre Waffe runter, lehnte sich gegen den kühlen Fels und genoss, wie die Kälte ihren erhitzten Körper durchfloss.
"Andersartigkeit ist aufregend. Was Besonderes. Regelbrechend. Aber hauptsächlich aufregend", sagte sie und wischte sich über die verschwitzte Stirn.

"Mh.", erwiderte er nur und konnte es nicht wirklich nachvollziehen.
"Wollt Ihr Pause machen?", fragte er sie schließlich, denn er sah, dass sie erschöpft war.
Er wollte sie ja nicht überfordern.
Das brachte nur allgemeine Schwäche mit sich.
Und eine längere Zeit, um sich zu erholen.

Lukkha sah ihn an, begann zu grinsen und legte den Kopf schief.

"Ezra wäre doch nicht die erste Frau, die dieser anziehenden Andersartigkeit deines Dämonendaseins erliegt, oder? Tu doch mal nicht so unschuldig!", Lukkha begann zu lachen, schüttelte den Kopf und erhob sich.

"Du weißt doch sicher um deine Wirkung auf die Frauenwelt, oder?", neckte sie ihn und stieß gegen seine Schulter, als sie an ihm vorbeilief, um zu Sams Hütte zu gelangen.
Vielleicht hatte der alte Mediziner ja wieder ein Getränk oder einen kleinen Happen zu essen da.

Als Larycs Verletzungen soweit verheilt waren und lediglich die Narben übergeblieben waren, beschlossen sie, Sam wieder zu verlassen.
"Habt Dank."
Sie alle waren ihm überaus dankbar für seine Hilfe und Fürsorge.
"Passt auf euch auf.", erwiderte der alte Mediziner nur, dann verließen sie sein Haus und er blieb vor seinem warmen Feuer zurück.

"Die Ratten wollten sich westlich von hier versammeln. Im Krater, falls ihr das kennt.", erklärte Laryc und wies in die Richtung.
Im Laufe der Wochen hatte Lukkha sich in ihren Schwertkämpfen erheblich verbessert und Laryc zweifelte nicht daran, dass sie es schaffen konnten.
Ihm hatten die Obrigkeiten noch nie richtig gefallen und so freute er sich schon beinahe, gegen sie vorgehen zu können.
Doch die Furcht spielte trotzdem eine große Rolle.
Was, wenn sie versagen würden?
"Es ist nicht sonderlich weit von hier. Zwei Tage, vielleicht.", fügte er hinzu.
Sie durften nicht versagen.

"Das ist Selbstmord", knurrte Jaro und steckte die Hände in die Hosentaschen. Lukkha sah ihn an, schwieg.

Er sprach aus, wovor sie Angst hatte. Was, wenn die Ratten sich gar nicht erst von ihnen helfen lassen wollten? Wenn sie so versteift in ihren alten Regeln und Traditionen waren, dass sie Jaro und Lukkha töten würden, weil sie die Katakomben vor Ablegung ihrer Prüfung verlassen hatten?

Lukkha ballte die Hände zu Fäusten. Nein.
Judy hatte einen viel zu ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, als dass sie so etwas zulassen würde. Und Zoltyon und Lewynn würden sicherlich auch nicht einfach so zusehen, wenn ein Todesurteil gefällt werden würde. Vielleicht würde sogar Triss einschreiten. Und selbst Victor musste wenigstens einen Funken Gefühl in sich tragen!

"Halt den Mund, Jaro", hörte Lukkha sich sagen, wandte den Blick vom Werwolf ab und sah auf ihre staubigen Stiefel. "Oder trag was Produktives bei."

"Sie werden uns in dem Getümmel zunächst nicht erkennen.", führte Laryc seinen Plan weiter aus. "Wahrscheinlich erst mittendrin. Und dann werden sie vermutlich bemerken, dass sie unsere Hilfe benötigen."
Das war plausibel, in der Theorie umsetzbar.
Wie es dann praktisch aussah, würden sie früh genug erfahren.
"Zwischendrin werden wir rasten. Und wenn ihr nicht wollt, dann müsst ihr nicht mitkommen."
Er sah eindringlich vom Einen zum Nächsten.
"Ich für meinen Teil werde sie nicht im Stich lassen."
Sie haben mir ein gutes Leben verschafft, sie waren für mich da. Dort leben die Leute, die ich am ehesten als Freunde bezeichnen würde. Wieso sollte ich sie also im Stich lassen?
"Und unsere Chancen sind nicht so schlecht. Wir können es schaffen, wenn wir es schlau anstellen."

"Hörst du, Jaro? Also hör auf dich zu benehmen wie ein kleines Kind!", sagte Ezra bestimmt und sah Jaro pikiert an. Dieser äffte sie stumm nach und stöhnte genervt.

"Na komm schon", lächelte Lukkha ihre Zweifel fort und zwinkerte dem Werwolf zu. Er sah erst sie, dann Erza und schließlich Laryc an.
"Also gut. Warum nicht nochmal den Versuch starten, das Leben wegzuwerfen? Darin haben wir jetzt ja schon Übung!", gab er nach, begann zu grinsen und schlug Lukkha leicht gegen den Hinterkopf.
"Wenn ich drauf gehe, bist du Schuld!"
Lukkha lachte leise auf und nickte. "Meinetwegen!"

Dann wandte sie sich an Laryc.
"Wir sollten uns vorher mit genug Waffen und Rüstung ausstatten, oder?", fragte sie nach und zupfte an dem einfachen Hemd, das sie trug, das beim ersten Schnitt zerreißen würde und ihrer Haut keinerlei Schutz bot.
Glücklich genug, dass sie bis jetzt damit durchgekommen war.

Seufzend dachte Laryc nach.
"Tja. Woher bekommen wir Ausrüstung?"
Eine Möglichkeit wäre es, zu den Ratten zu gehen.
Doch nicht alle würden losziehen, einige wenige mussten dort bleiben.
Und diese könnten ihn sofort töten.
Was blieb ihnen sonst.
"Habt ihr eine Idee? Kennt ihr jemanden in der Nähe? Irgendwas?"
Sie konnten Händler in der Nähe ausrauben.
Oder reisende Karawanen.
Dass eine Stadt in der Nähe war, wusste Laryc.
Doch er konnte sie unmöglich betreten, ohne Gefahr zu laufen, sofort getötet zu werden.
Eine Karawane war da eine bessere Option.
Allerdings konnte man ihren Standort nur schwer ausmachen.
Sie konnten überall sein.